In seiner Apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium spricht Papst Franziskus vom Salböl der Barmherzigkeit, das alle Menschen erfahren sollten „als Zeichen des Reiches Gottes, das schon unter uns gegenwärtig ist“ (EG 288). Ja, da gab und gibt es viele Wunden zu salben, die körperlichen und die seelischen, damals wie heute. Und das ist Aufgabe aller Christen, besonders aber Aufgabe der bei ihrer Weihe gesalbten Amtsträger.
Und wenn ich Sie nun einlade, in die Gründungsgeschichte Schönstatts einzutauchen, da möchte ich Ihnen ein jungen Mann der ersten Generation vorstellen, der kaum noch bekannt ist, Fritz Esser. – Dafür kennt jeder Besucher eines Kapellchens sein Werk, denn im Lichtrahmen um das Marienbild hat sich Fritz für immer verewigt: Servus mariae nunquam peribit = Ein Diener Mariens geht nie zugrunde. Damit hat er mit 18 Jahren seinem Leben eine passende Überschrift gegeben. Und das kam so…
Ein enger Freund von Josef Engling
Am 23. September 1912 kommt Fritz Esser ins Studienheim nach Schönstatt, etwa 2 Monate vor seinem 12. Geburtstag. Am Tag darauf trifft sein späterer Klassenkamerad dort ein, Josef Engling. Dieser ist 2 Jahre und 10 ½ Monate älter. Bei aller Unterschiedlichkeit werden sie später Freunde. Priester wollen sie werden. Josef ist schnell einer der besten Schüler der Klasse, Fritz landet beim ersten Zeugnis bei 39 Schülern auf Platz 36 und muss am Ende des Schuljahres sehr um seine Versetzung kämpfen. „Ich bin zehnmal dümmer, als ich aussehe“, gesteht er später. Mit seinem edlen, gewinnenden und fröhlichen Auftreten findet Fritz bald die Liebe und Wertschätzung aller. Man konnte ihm einfach nicht böse sein. So wächst er mit Josef Engling hinein in die Marianische Kongregation des Hauses, in das beginnende Schönstatt, und engagiert sich tüchtig.Fritz fand ein väterliches Herz
Doch wie das so ist, ein sanguinisches Temperament hat auch seine Schattenseiten: „Himmelhoch jauchzend, zum Tode betrübt, glücklich allein ist die Seele, die liebt!“ Dieses Wort von Goethe lässt die Wankelmütigkeit erahnen, die Fritz Esser befiel, wenn er Gegenwind bekam. Mit 17 Jahren bei den Soldaten wurde ihm das deutlich. Doch so weit sind wir noch nicht. - Da war noch Pater Josef Kentenich. Im Oktober 1912 übernahm er das Amt des Spirituals mit knapp 27 Jahren. Als geistlicher Begleiter wohnte er mit den Jungen unter einem Dach, zuerst im neuen Studienheim auf dem Hügel und im Krieg ab 1914 im Tal. Er war buchstäblich „nahe dran“. Vielleicht hat Pater Kentenich in diesem Jungen etwas von seiner eigenen Biographie wieder erkannt. Denn Fritz war vaterlos groß geworden. Sein Papa starb vor seinem 1. Geburtstag an Tuberkulose. Auch die kränkliche Natur mag die Väterlichkeit in Herrn Pater geweckt haben. – So wird berichtet, einmal habe der Spiritual den kranken Fritz im Bett „gefüttert“. Eine Zusammenstellung der Briefe Pater Kentenichs an Fritz Esser lässt erahnen, wie in der Seele von Fritz sich ganz tief eingrub: „Im Bündnis mit der Mta bin ich geborgen, und bei Pater Kentenich kann ich es immer wieder leibhaftig spüren.“Er wurde der „Sekretär“ von Pater Kentenich
Schauen wir in das Jahr 1918, da ist Fritz Esser 17 und Pater Kentenich 32 Jahre alt. Nach Ostern erlebte Fritz eine Überraschung: Wegen der baldigen Einberufung zum Militär hatte der Jahrgang 1900 keine Schule mehr und sollte zu Hause bleiben! Aber seine Mutter hatte das Elternhaus auf dem Dorf verkaufen müssen und wohnte jetzt alleine zur Miete in der nächsten Stadt, wohin also mit Fritz? – Da findet Pater Kentenich doch noch einen Strohsack in Schönstatt und ernennt den Fritz zu seinem Sekretär, seinem Schreiber. – Wenn das kein Salböl der Barmherzigkeit ist?Kriegskorrespondenz
Ende Juni muss Fritz nach Mainz zu den Soldaten, zur 117er Infanterie-Reserve. Aus diesen kaum 5 Monaten sind 4 Briefe Herrn Paters an Fritz erhalten.- 4. Juli 1918: Was sagst Du denn zum Einblicke, den Du gewinnst in das Denken und Fühlen unseres Volkes? Gelt, wir Priester haben eine schwierige Aufgabe. Halte Dich überzeugt, dass Deine himmlische Mutter Dich durch die Schicksale des Krieges zu einem brauchbaren Werkzeuge erziehen will… - 22. August 1918: Deine Krankheit ist eine gütige Fügung. So kannst Du mehr für Deine Gruppe arbeiten und Dich besser auf Dich selbst besinnen… - 11. September 1918: Es freut mich, dass Du in rechter Weise Deine Zeit ausnutztest… Besondere Freude wird es Dir machen, dass in den Exerzitien unser Kapellchen im Mittelpunkt war, für dessen Ausschmückung Du Dich stets bemüht hast… - 28. Oktober 1918: Schade, dass wir uns kürzlich nicht alleine sprechen konnten. Es wäre mir lieber gewesen als all die anderen Unterhaltungen. Musst nun sehen, dass Du allein wieder auf den alten Weg zurückkommst. Du bist unzufrieden mit Dir. Das ist der beste Nährboden, um das Verlangen nach Erreichung der alten Ideale wieder aufleben zu lassen…Wieviel Solidarität und Ermutigung steckt in diesen Zeilen „wir Priester“. Dann die Aufrüttelung. Ich nenne das: Salböl der Wertschätzung.