Trier/Vallendar – Das Verfahren zur Seligsprechung von Pater Josef Kentenich wird ausgesetzt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird Bischof Dr. Stephan Ackermann das Verfahren nicht aktiv fortführen; stattdessen regt er weitere freie Forschung an.
Das hat Bischof Dr. Stephan Ackermann am 3. Mai in Trier bekannt gegeben. Das Verfahren wird im Bistum Trier geführt, weil Pater Kentenich am 15. September 1968 in Schönstatt/Vallendar verstorben ist. Daher ist der Bischof von Trier für die diözesane Untersuchung im 1975 eröffneten Seligsprechungsverfahren des Schönstatt-Gründers zuständig.
Hintergrund für diese Entscheidung des Bischofs sind im Jahr 2020 öffentlich gewordene Missbrauchsvorwürfe gegen Pater Kentenich. Bereits in früheren Phasen des diözesanen Teils des Seligsprechungsverfahrens waren diese Vorwürfe ansichtig geworden. Die seinerzeit Verantwortlichen sind ihnen auch mit den ihnen damals zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nachgegangen.
Durch Veröffentlichungen im Jahr 2020 wurde deutlich, dass die bisherigen Betrachtungsweisen nicht ausreichend waren. Nach der Öffnung der vatikanischen Archive (bis zum Ende des Pontifikats von Papst Pius XII. im Jahr 1958) werden Dokumente verfügbar, die bislang in der diözesanen Untersuchung des Seligsprechungsverfahrens für den Gründer der Schönstatt-Bewegung noch nicht einbezogen werden konnten.
Infolge dessen hatte Bischof Ackermann im Juli 2020 zunächst angekündigt, eine zweite Historikerkommission gemäß der für Seligsprechungsverfahren maßgeblichen Instruktion Sanctorum Mater einsetzen zu wollen (https://www.bistum-trier.de/news details/pressedienst/detail/News/seligsprechungsgsverfahren-kentenich-neu gefundenes-material-auswerten/).
Im Austausch mit Expertinnen und Experten verschiedener Disziplinen über das weitere angemessene Vorgehen und auf der Basis der Erfahrungen des letzten Jahrzehnts im Bereich der Aufklärung und Aufarbeitung von Missbrauch verschiedener Formen zeigten sich zwei Notwendigkeiten, die es zu berücksichtigen gilt: Unter inhaltlichen Gesichtspunkten kann ein Gesamtbild nur erreicht werden, wenn zusammen mit der Geschichtswissenschaft auch Psychologie und Pädagogik einbezogen werden. Dabei ist es unabdingbar, dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit den zu klärenden Fragen frei, das heißt unabhängig und transparent erfolgt. Dies kann eine reine Historikerkommission entsprechend der römischen Instruktion so nicht leisten.
Darüber hinaus hat Bischof Ackermann einen weiteren Aspekt der Causa Kentenich überprüfen lassen: Ein amerikanischer Bürger hat Kentenich in den 1990er Jahren beschuldigt, ihn in den Jahren 1958 bis 1962 sexuell missbraucht zu haben (https://www.bistum-trier.de/bistum-bischof/bischof/im-wortlaut/in-den medien/schoenstatt/). Ackermann ließ 2021 den in den USA bereits kirchlicherseits untersuchten Vorwurf durch einen ehemaligen Bundesstaatsanwalt noch einmal darauf prüfen, ob die damalige Untersuchung auch nach heutigen Kriterien als ausreichend betrachtet werden könne. Das anwaltliche Gutachten kommt zu keinem eindeutigen Ergebnis, sondern regt an, diese Frage im Kontext mit den weiteren noch zu klärenden Aspekten zu bewerten.
„Die Diskussionen der letzten beiden Jahre haben gezeigt, dass es eine vertiefte Forschung zu Person und Wirken von Josef Kentenich braucht“, so Bischof Ackermann.
„Deshalb würde ich es sehr begrüßen, wenn es in den kommenden Jahren eine entsprechende Forschung gibt.“
Zugleich ist dem Bischof der Hinweis wichtig, dass mit der Aussetzung des Verfahrens kein Urteil über Leben und Wirken von Pater Kentenich gefällt ist.
Die Entscheidung von Bischof Ackermann ist mit der römischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen besprochen und dem Präsidium der internationalen Schönstatt-Bewegung mitgeteilt worden. „Mir ist bewusst, dass die Aussetzung des Seligsprechungsverfahrens für die Schönstatt-Familie ein schmerzlicher Schritt ist“, so der Bischof von Trier. Damit werde jedoch die Bedeutung des vielfältigen Wirkens von Schönstatt weltweit in keinster Weise geschmälert.
(JR)
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