Von der Hoffnung auf zwei Stühlen

Magdalena Kiess

Zwei Stühle in einer Kirche. Mehr braucht es manchmal nicht, um Geschichte in Bildern zu schreiben. Zugegeben: Es waren die edlen Stühle im ehrwürdigen Petersdom. Aber es war kein offizieller Gipfel, kein diplomatisch inszeniertes Treffen, sondern ein Nebenschauplatz, der plötzlich zum Zentrum der Aufmerksamkeit wurde: Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj schieben zwei Stühle zusammen und sitzen sich gegenüber. Zwei Männer, die zuletzt in aller Öffentlichkeit aneinandergerieten. Zwei Präsidenten, zwei Stühle, ein Moment, der mehr sagt als viele Reden.

Die beiden sind nicht als Friedensstifter nach Rom gekommen. Nicht als Suchende nach Versöhnung. Sie kamen – wie viele andere – zur Beerdigung von Papst Franziskus. Ein Tag des Abschieds, der Stille, der Rückschau. Und doch, mitten zwischen Zeremoniell und Trauer, geschieht etwas Unerwartetes: Die beiden nutzen die Gelegenheit ihres Wiedersehens. Sie rücken zusammen und sprechen miteinander – im Schatten des Petrusgrabes.

Vielleicht ist es auch das, was wir von einem Jubiläumsjahr unter dem Leitwort „Pilger der Hoffnung“ erwarten dürfen: Dass Gott manchmal Situationen nutzt, die scheinbar nichts mit Hoffnung oder Neubeginn zu tun haben. Dass er uns inmitten von Alltag, Lärm und Trauer begegnet – und dort Türen öffnet, wo wir sie längst verschlossen glaubten. Trump und Selenskyj sind nicht als „Pilger der Hoffnung“ nach Rom gekommen, doch vielleicht hat die besondere Atmosphäre, die Kraft der Gemeinschaft, das Gewicht des Ortes oder das Motto dieses Jahres etwas in ihnen berührt. Vielleicht hat der Geist des Friedens, der Versöhnung und der Hoffnung, der über dieser Feier lag, einen Impuls gesetzt, der weiter reicht als jede politische Agenda. Hoffen wir es!

Und hoffen wir es auch für unser eigenes Leben. Denn auch bei uns braucht es nicht die perfekten Voraussetzungen, um Hoffnung zu wecken. Zwei zusammengeschobene Stühle reichen. Ein ehrliches Gespräch, ein gemeinsames Schweigen, ein Anruf – mitten im Trubel unserer eigenen Weltgeschichte. Gott nutzt oft das Unscheinbare und Nebensächliche für sein Wirken. Das ist für mich eine wichtige Botschaft dieses Bildes: Denn Hoffnung ist kein großer Auftritt, sondern die leise Einladung, immer wieder neu Platz zu nehmen auf den Stühlen, die uns das Leben hinschiebt.

Foto: Vatican News

Quelle: basis-online.net

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