Papst an Kurie: In Demut und Synodalität vorangehen

Anne Preckel – Vatikanstadt

Dass aus Demut Heilung erwächst, verdeutlichte der Papst in seiner Ansprache im Vatikan am Beispiel des biblischen Naaman, dem Syrer. Dieser aramäische General war tapfer, berühmt und zugleich aussätzig. Dass ihm der Prophet Elischa zur Genesung ein Bad im Jordan empfahl, schien dem Heeresführer allzu banal. Und doch wurde er genau durch dieses Hinabsteigen ins Wasser und das Ablegen seiner Rüstung gesund. „Die Demut, das eigene Menschsein zu entblößen, bringt Naaman nach dem Wort des Herrn Heilung“, brachte es Papst Franziskus auf den Punkt: „Ohne unsere Kleider, Vorrechte, Rollen und Titel sind wir alle Aussätzige, die der Heilung bedürfen. Weihnachten ist die lebendige Erinnerung an dieses Bewusstsein und hilft uns, es tief zu verstehen.“

Paps an Kurie

Heilung durch Demut

In seiner langen Ansprache warnte Papst Franziskus seine engsten Mitarbeiter erneut vor „Versuchungen“ wie „spiritueller Weltlichkeit“, Stolz und Klerikalismus. Sie sollten keine „Experten der Seelsorge, die einen Weg weisen, ihn selber aber nicht gehen“, sein und in der Theorie „apostolische Expansionsprojekte“ ersinnen. Vielmehr sollten sie die Menschen in deren Hoffnungen und Leiden begleiten, schärfte Franziskus ein. Der Papst rief die Kardinäle dazu auf, sich nicht hinter „Rollen, Liturgie, Lehre und Religiosität“ zu verstecken, sondern den „Kontakt zur durchlittenen Wirklichkeit“ der Gläubigen zu halten.

„Der demütige Mensch sorgt sich auch um die Zukunft, nicht nur um die Vergangenheit… Der bescheidene Mensch bringt hervor, lädt ein und drängt auf das Unbekannte zu. Der Stolze hingegen wiederholt, erstarrt.“

Stolz und Überheblichkeit seien bei dieser Mission fehl am Platz, machte Franziskus einmal mehr deutlich. Stolz sei wie Stroh, das zu Asche verbrennt, er schneide ab von „Wurzeln und Sprossen“, von Vergangenheit und Zukunft. Demut lasse hingegen fruchtbar in der Welt wirken, betonte der Papst, sie umfasse Erinnern ebenso wie den Blick in die Zukunft. Der Papst warnte vor einem Festklammern an der Tradition: Erinnern dürfe nicht zum „Kult“ oder „Gefängnis“ werden.

„Damit das Erinnern nicht zu einem Gefängnis der Vergangenheit wird, brauchen wir ein weiteres Wort: Neues hervorbringen. Der demütige Mensch sorgt sich auch um die Zukunft, nicht nur um die Vergangenheit, denn er weiß, wie man in die Zukunft blickt, wie man auf die Sprossen schaut, mit einem Gedächtnis voller Dankbarkeit. Der bescheidene Mensch bringt hervor, lädt ein und drängt auf das Unbekannte zu. Der Stolze hingegen wiederholt, erstarrt – die Starrheit ist eine Pervertierung, eine Pervertierung heute – und verschließt sich in seiner Wiederholung, er fühlt sich sicher in dem, was er kennt, und fürchtet das Neue, weil er es nicht kontrollieren kann, er fühlt sich dadurch aus dem Gleichgewicht gebracht … denn er hat sein Gedächtnis verloren.“

Stil der Synodalität statt Klerikalismus

„Es wäre jedoch falsch zu denken, dass die Synode ein Ereignis ist, das der Kirche als abstrakter Größe vorbehalten ist, die weit von uns entfernt ist. Synodalität ist ein Stil, zu dem vor allem wir, die wir hier sind und durch unsere Arbeit in der Römischen Kurie einen Dienst an der Weltkirche leben, uns bekehren müssen.“

Auch einer weiteren, ständig bestehenden „Versuchung“ erteilte Franziskus erneut eine Absage: „Der Klerikalismus, der sich als Versuchung – als Pervertierung – täglich unter uns schleicht, lässt uns immer an einen Gott denken, der nur zu einigen wenigen spricht, während die anderen nur zuhören und ausführen müssen.“ Die am 17. Oktober in Rom eröffnete Weltsynode, die in den Ortskirchen weltweit bereits erste Früchte zeigt, sei Gelegenheit für das Einüben von Demut in Begegnung und Dialog, eines „Stils der Synodalität“:

„Die Synode versucht die Erfahrung zu sein, dass wir alle Glieder eines größeren Volkes sind: das heilige, gläubige Volk Gottes und somit Jünger, die zuhören und gerade durch dieses Zuhören auch den Willen Gottes verstehen können, der sich immer auf unvorhersehbare Weise zeigt. Es wäre jedoch falsch zu denken, dass die Synode ein Ereignis ist, das der Kirche als abstrakter Größe vorbehalten ist, die weit von uns entfernt ist. Synodalität ist ein Stil, zu dem vor allem wir, die wir hier sind und durch unsere Arbeit in der Römischen Kurie einen Dienst an der Weltkirche leben, uns bekehren müssen.“

„Wir, die Mitglieder der Kurie, müssen die Ersten sein, die sich zu einer Umkehr zur Nüchternheit verpflichten.“

Gerade die Kurie müsse hier mit gutem Beispiel vorangehen, unterstrich der Papst. Schließlich sei die Kurie „nicht nur ein logistisches und bürokratisches Werkzeug für die Bedürfnisse der Weltkirche“, sondern ein „zum Zeugnis berufener Organismus“, der dem Evangelium gemäß wirken müsse, erinnerte Franziskus, der seine engsten Mitarbeiter zu „synodalen Umkehr“ aufrief:

„Wenn also das Wort Gottes die ganze Welt an den Wert der Armut erinnert, müssen wir, die Mitglieder der Kurie, die Ersten sein, die sich zu einer Umkehr zur Nüchternheit verpflichten. Wenn das Evangelium Gerechtigkeit verkündet, müssen wir als Erste versuchen, transparent zu leben, ohne Begünstigungen und Seilschaften. Wenn die Kirche den Weg der Synodalität einschlägt, müssen wir die Ersten sein, die sich auf einen anderen Arbeitsstil, auf Zusammenarbeit, auf Gemeinschaft umstellen. Und dies ist nur über den Weg der Demut möglich.“

Teilhabe, Gemeinschaft und Sendung

Nüchtern also, transparent und synodal soll die Kurie laut Franziskus sein. Er führte im Folgenden dann noch weiter aus, was ihm an der Kirchenspitze wichtig ist, und griff dabei drei Schlüsselbegriffe auf, die er bei der Eröffnung der Synodenversammlung verwendet hatte: Teilhabe, Gemeinschaft und Sendung. Dabei handele es sich um „Merkmale einer demütigen Kirche, die auf den Geist hört und ihren Mittelpunkt außerhalb ihrer selbst setzt“, wie der Papst formulierte.

Zunächst: Teilhabe. Franziskus warb hier für „eine konkrete Dynamik (…), bei der jeder wahrnimmt, dass er aktiv an der Sendung beteiligt ist, die er zu erfüllen hat“, für einen „Stil der Mitverantwortung“. Trotz „der Vielfalt der Rollen und Ämter“ und trotz bestehenden Hierarchien solle sich jeder Mitarbeiter der Kirchenzentrale als aktiver Teil des Ganzen fühlen können, appellierte Franziskus an die versammelten Dikasterien-Leiter: „Die Autorität wird zum Dienst, wenn sie teilt, einbezieht und hilft zu wachsen.“

Zudem gelte es, Gemeinschaft zu pflegen, so der Papst weiter – etwa gemeinsam zu beten, „Beziehungen aufzubauen, die über die bloße Arbeit hinausgehen, und die Bande des Guten unter uns zu stärken“. Explizit warnte Franziskus an dieser Stelle vor Konkurrenzdenken, Karrierismus und Spaltungen in der Kirchenzentrale: „Komplizenschaft schafft Spaltungen, schafft Parteiungen und schafft Feinde; Zusammenarbeit erfordert die Größe, die eigene Unvollständigkeit zu akzeptieren und offen zu sein für Teamarbeit, auch mit denen, die nicht so denken wie wir.“

„Uns fehlt ihre Stimme, ihre Anwesenheit, ihre Fragen und Diskussionen. Derjenige, der ein missionarisches Herz hat, spürt, dass sein Bruder ihm fehlt, und macht sich in der Haltung eines Bettlers auf den Weg, um ihm zu begegnen.“

Weiter erinnerte der Papst seine engsten Mitarbeiter an ihre eigentliche Aufgabe und die Sendung der Kirche: Barmherzigkeit und Dienst vor allem an den Bedürftigen. Die Kirche dürfe sich nicht in sich selbst zurückziehen, sondern müsse „aus sich herausgehen“, so Franziskus. Dabei gelte es aus eigenen Fehlern zu lernen, Barmherzigkeit zu kultivieren und die Armen zu unterstützen – nicht nur die materiell Armen, sondern auch die „geistlich, emotional, moralisch und an Sinn Armen“:

„Die Kirche ist aufgefordert, allen Armen entgegenzugehen und allen das Evangelium zu verkünden, weil wir alle auf die eine oder andere Weise arm sind, weil wir bedürftig sind. Aber auch die Kirche geht ihnen entgegen, weil wir ihrer bedürfen: Uns fehlt ihre Stimme, ihre Anwesenheit, ihre Fragen und Diskussionen. Derjenige, der ein missionarisches Herz hat, spürt, dass sein Bruder ihm fehlt, und macht sich in der Haltung eines Bettlers auf den Weg, um ihm zu begegnen. Die Mission macht uns verwundbar, sie hilft uns, uns daran zu erinnern, dass wir Jünger sind und ermöglicht uns, die Freude des Evangeliums immer wieder neu zu entdecken.“

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