Um 5:30 Uhr klingelt der Wecker. Ich freue mich, wenn es mir gelingt, gleich die ersten Gedanken mit Gott zu verbinden. Damit stelle ich quasi auch eine Verbindung her, die meine Anliegen und die Menschen, die ich im Herzen mittrage, von der Allmacht Gottes berühren lasse.
Zur Arbeit gehen
Meine aktuellen Schüler sind 8 oder 9 Jahre alt. Sie haben Zukunftspläne, sie haben Talente, sie haben Schwächen, sie haben Bedürfnisse.
Wir beginnen unseren Schultag in der Klasse mit einem Morgengebet. Wenn ich es einmal vergesse, dann erinnern meine Schüler mich daran. Aktuell bin noch ich der Hauptbeter. Meine aktuelle Klasse hat diesmal viele gute Sänger. Deshalb singen wir das Morgengebet oft oder ich formuliere es frei und hoffe, dass auch meine Schüler, mit denen ich seit vier Monaten zusammenarbeite, bald den Mut haben, vor der Klasse das Morgengebet zu übernehmen.
Die „Harmonie von Natur und Gnade“ lebt von konkreten Erfahrungen.
Der Weg zur Berufung zum geweihten Leben
Meine Sehnsucht, mich der Gottesmutter und Gott ganz zu weihen, die speiste sich natürlich aus vielen „Wässerchen“. Es waren aber auch zwei „Cateratas de Iguazu“ dabei, quasi heftige persönlich erlebte Gnadeneinbrüche. Als ich 13 Jahre alt war, beschäftigte mich ein Gedanke sehr stark. Ich zweifelte nicht an der Existenz Gottes, aber an seiner Vitalität. Die schönen Erfahrungen der Bibel waren beeindruckend, aber warum war Gott nicht auch heute so lebendig spürbar?
Doch genau das ist er, wie er mir eindrucksvoll zeigte: vor allem bei meinen Pilgertouren. In 7 Jahren pilgerte ich ohne Geld und ohne vorheriger Übernachtungsorganisation oft allein bei mehrere Touren kreuz und quer durch Europa, die letzte mit der SMJ Südamerika von Mendoza über die Anden nach Santiago de Chile; alle Pilgertouren zusammen hatten ca. 3200 km. Handys gab es damals noch nicht.
Meine damaligen Erfahrungen lassen sich in Worten schlecht beschreiben. Sie führten mich zu der Sicherheit: Ja, Gott ist auch heute so lebendig erfahrbar wie in der Bündnisgeschichte Israels und den biblischen Geschichten. Die spürbare Nähe zu Ihm beim Pilgern war so beglückend, dass es für mich nur eine logische Folgerung daraus gab: Mein ganzes Leben sollte ein Pilgern werden, ein Freiräumen der Mitte für Gott.
Da ich eine starke Berufung als Grundschullehrer spürte und diese berufliche Tätigkeit meine Seelsorgearbeit sein sollte, in der ich für andere da sein wollte, um die Gnade Gottes mit ihnen in Verbindung zu bringen, führte mich mein Weg zum Schönstatt-Institut Marienbrüder.
Abschluss des Tages
Oftmals komme ich erst gegen 18:00 Uhr aus der Schule. Dann geht es direkt in die abendliche Eucharistiefeier und beim Heimfahren danach wird manchmal noch der Einkauf der Lebensmittel erledigt. Das Kochen richtet sich dann meist danach, was schnell und einfach zu machen ist.
Grundschulkinder haben oft eine ganz eigene Sicht auf die Dinge. Früher oder später fragen meine Schüler nach dem Ring, den ich seit meiner Ewigvertragsweihe am Finger trage. Ich antworte ihnen dann in der Regel, dass ich mit Gott „verheiratet“ bin. Die Reaktionen der Schüler sind da sehr unterschiedlich, aber immer spontan geradeheraus.
Unsere Vorstellungen von Gott kommen immer wieder an Grenzen. Gott ist der ganz andere, der unserem Gottesbild nicht entspricht. Und gleichzeitig ist er wie der Vater im Himmel, der sich beim Pilgern ganz rührend um mich, seinem zutiefst geliebtem Kind, kümmert. Diese Gedanken münden ins Abendgebet, bei dem ich oft einfach nur vor meinem Hausheiligtum sitze, in Stille den Tag nachklingen lasse und meine Anliegen und das Erlebte in Gottes barmherzige Hände lege.