So ganz anders!

Ja, wirklich! Gerade durch diese geweihte Nacht, die Weihnacht, in der Jesus Christus geboren wurde, ist tatsächlich nicht nur vieles, sondern alles anders geworden für uns Menschen. Ungläubige und Kritiker mögen uns fragen: Wirklich? Was wurde denn anders? Kriege, Krankheiten, Flutwellen, Katastrophen, Verfolgungen, Tod – nichts bleibt uns erspart, nichts von all dem ist verschwunden. Und wie oft sind auch wir persönlich in leidvolle Situationen hineingestellt, in denen wir Gott nicht finden können. Also alles nur Einbildung und frommes Märchen?

Eine etwas provozierende Gegenfrage: Verspricht uns Jesus denn ein irdisches Schlaraffenland? Im Gegenteil, er stellt alle seine Jünger auf schwere Zeiten ein und fordert sie auf, ihr persönliches Kreuz mit ihm und wie er zu tragen. Jesus selbst hat das Leid und den Tod in seinem eigenen Leben nicht ausgeklammert, sondern bis zum Letzten erlitten. Er ist da, gerade auch in allen Tiefen unseres Leides.

Gott ist so ganz anders!

Gott scheint immer so ganz anders zu sein, als wir ihn uns vorstellen. Er ist nicht der große Zauberer und Weltverbesserer, als den wir ihn gerne hätten, der alles Leid der Welt einfach wegschafft und alle unsere Wünsche erfüllt. Die Erfahrung von Leid und unsere Vorstellungen von Gott passen oft nicht zueinander. Gerade diese Spannung, die wir oft erleben, ist ein Stein des Anstoßes. Auch für die Zeitgenossen Jesu vor 2000 Jahren war das so. Jesus, der Sohn Marias aus Nazareth, der Messias, entsprach so ganz und gar nicht der rein menschlichen Vorstellung vom Erlöser und Retter.

Er präsentierte sich nicht als strahlender König oder triumphierender Held, sondern als kleines, hilfloses Menschenkind. Er wurde nicht im prächtigen Königspalast geboren, sondern in einem armen Stall. Er wurde nicht mit dem roten Teppich empfangen und unter Applaus feierlich begrüßt, sondern abgeschoben nach draußen, vor die Stadt. Nur ein paar einfache Hirten und später zwei alte Leute im Tempel sahen in ihm den verheißenen Messias. Auch einige Fremde, Sterndeuter aus dem Osten, sprachen von ihm als dem neugeborenen König der Juden.

Jungrau Maria

Später hieß es dann: Ach der, den kennen wir doch, wir kennen seine Familie, das ist doch der Zimmermann von nebenan.

Jesus hat in der Tat viele Heilungswunder gewirkt, Menschen von ihrem Leiden geheilt. Aber er ist in einem viel tieferen Sinn der König, der Retter, das Leben selbst, der Allmächtige, der reich ist an Erbarmen, der Heiland, der viele menschliche Gebrechen heilt, der, den alle Völker anbeten werden.

Verhältnismäßig wenige Menschen sahen mehr, sahen tiefer, sahen in dem Menschen Jesus etwas, was für unsere Augen unsichtbar ist. Sie erkannten mit den Augen des Glaubens in Jesus den verheißenen Retter und Erlöser.

Hätten wir Jesus damals erkannt als den, der er wirklich ist?

Rettung aus der Flutwelle

Jesus ist gekommen, um uns Menschen aus einer Flutwelle zu retten, die uns mehr raubt als irdische Güter oder das irdische Leben.

In der Hl. Schrift lesen wir gerade bei der Weihnachtsbotschaft vom „Retter“, vom „Heil“, vom „Gott mit uns“.

„Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr.“ (Lk 2,11) So hören die Hirten die Freudenbotschaft der Engel.

Geboren von der Jungfrau Maria

Jesus - Geboren

Den Beginn dieser „Rettungsaktion“ Gottes durch seinen eingeborenen Sohn feiern wir an Weihnachten. Diese Rettung ist ganz eng verknüpft mit der Jungfrau Maria, der Mutter Jesu.

Im Großen Glaubensbekenntnis, das in den Meinungsverschiedenheiten der ersten christlichen Jahrhunderte ausgereift ist, heißt es: „Wir glauben … an den einen Herrn Jesus Christus …. Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden.“ (Gotteslob 586, 2)

Es war den ersten Christengemeinden also sehr wichtig festzuhalten, dass Gott seinen Heilsplan ausgeführt hat durch Maria. Ob Jesus oder Maria selbst die Geheimnisse der Geburt Jesu bei den Aposteln und Jüngern etwas gelüftet haben, steht nicht direkt in der Hl. Schrift. Aber offensichtlich war es übereinstimmende Meinung, dass Jesus, das ewige Wort des ewigen Vaters, der Reinste, wirklich nur in einem „Königspalast“ geboren werden konnte, in einer ihm würdigen Wohnung, aus dem Schoß einer Mutter, die niemals von der Sünde berührt wurde.

Über dieses Geheimnis der jungfräulichen Mutterschaft Marias haben spätere Theologen immer wieder nachgedacht, bis sie eine zufriedenstellende Begründung fanden in der Formulierung: Maria ist im Hinblick auf den Erlösertod ihres Sohnes vor der Erbschuld bewahrt geblieben. Sie ist zu keinem Zeitpunkt ihres Lebens von der Sündenflut berührt worden. Sie ist die Vorerlöste, die Vollerlöste und die Ersterlöste der ganzen Schöpfung. Die vernichtende Flutwelle hat vor ihr Halt gemacht.

Eine Begebenheit aus der Geschichte des israelitischen Volkes veranschaulicht, welche Bedeutung Maria als die neue Bundeslade Gottes für uns hat. Das Volk Israel, das eine lange Wüstenwanderung hinter sich hatte, wollte den Jordan überqueren. Josua ermutigte die Leute mit folgendem Gotteswort:

„Seht, die Bundeslade des Herrn der ganzen Erde zieht vor euch her durch den Jordan. Sobald die Fußsohlen der Priester, die die Lade des Herrn tragen, … im Wasser des Jordan stehen, wird das Wasser des Jordan, das von oben herabkommt, wie abgeschnitten sein und wie ein Wall dastehen.“ (vgl. Jos 3, 11-17)

In der Tat, so kam es. Es war die Bundeslade, die Gegenwart Gottes, die das Volk sicher durch die Fluten ziehen ließ.

Die Parallelen zu Maria hin sind sehr leicht erkennbar. Maria ist die Lade des Neuen Bundes, weil sie Jesus Christus in ihrem Schoß trug. In ihr ist Gott gegenwärtig. Wohin sie ihren Fuß setzt, da muss das Böse und der Böse weichen. Bis heute ist es ihre Aufgabe, die Flutwellen der Sünde von uns abzuhalten und uns sicher in das Land der Verheißung, in das Reich Gottes, zu führen.

Es lässt sich fragen: Wie gut kennen wir „Maria original“ wirklich? Braucht denn ein von Gott gemachtes Idealbild unseres Menschseins wirklich ein menschengemachtes Update, eine neue Version 2.0, wie es vielfach gefordert wird?

Ist es nicht eher so, dass alle, die zu Christus gehören, gerade „Maria original“ brauchen, um miteinander einen guten Weg der Erneuerung in die Zukunft zu gehen?

Vor kurzem schrieb uns ein Mann, wie er in Krisenzeiten die heilsame Nähe Mariens erlebt und wie die Begegnung mit ihr seine Freude am Jesusgebet wachsen lässt, das er seit 18 Jahren praktiziert:

Ich bin sehr froh, dass ich in Schönstatt ein Stück Heimat gefunden habe, überhaupt in der schlimmen Zeit, in der wir leben. Meine Frau und ich haben ein großes Zimmer mit Pflanzen. Sie nennt es „Stille Oase“. Im Mittelpunkt haben wir ein großes Bild der Dreimal Wunderbaren Mutter von Schönstatt angebracht. Wenn ich mal nicht mehr kann, oder wenn meine Krankheit zu stark wird, setze ich mich vor dieses Bild und lasse es einfach im Schweigen auf mich wirken. Danach geht es mir immer gut, und ich kann wieder meinen Alltagsbeschäftigungen nachgehen. Die Gottesmutter sorgt für uns, und ich glaube, sie führt uns auch durchs Leben. Abschließend sagt er: Danach freue ich mich jedes Mal wieder auf mein Jesusgebet.

Bildbetrachtung

Jesus - Geboren

Das Titelbild unseres Briefes, gemalt von einer Mitschwester, Sr. M. Roswina Hermes, kann uns zu solchen und vielen anderen Betrachtungen anregen. Hier nur einige Impulse zum Weiterdenken:

Zentrum des Bildes ist Jesus, als Kind.

Maria, seine Mutter, ragt von ganz außen, vom äußersten Bildrand hinein in dieses Zentrum. Sie strahlt wie ihr Kind in fast blendendem Licht. Jesus liegt auf den ausgestreckten Armen Marias. Diese Arme empfangen und geben gleichzeitig weiter.

Der dunkle, rotviolette Mantel Marias, wird – obwohl groß und mächtig – von diesem Licht zurückgedrängt.

Beide sind umgeben von einem hellroten Flammenkranz. Unwillkürlich drängt sich die Erzählung vom brennenden Dornbusch auf. Mose hörte aus dem Dornbusch den Gottesnamen: Ich bin der Ich-bin-da. Im Weihnachtsgeheimnis verwirklicht sich dieser Name Gottes durch Maria, die Jungfrau.

Beide, Jesus und Maria, sind überproportional groß im Verhältnis zu der Schar der Menschen, die sich um eine kleine Kirche drängt, hier dargestellt als Schönstattkapellchen.

Das Bild nimmt uns hinein in das historische Weihnachgeheimnis, hinein in ein göttliches Geheimnis.

Zeugen dafür sind auch die Engel. Im Bild links oben ist einer mit Gesicht und Flügeln angedeutet.

Zugleich zeichnet das Textilgemälde das Ereignis der Heiligen Nacht als ein immer neues Wunder der Christusgeburt heute, nämlich in den Herzen derer, die mit erhobenen Händen und Häuptern wartend und bittend dastehen, um Jesus zu empfangen.

Wo Maria ist, da ist Gott,

Wo Maria ist, da bringt sie Jesus.

Wo Maria ist, da wird es hell und rein.

Wo Maria ist, da fließt der Gnadenstrom.

Wo Maria ist, ereignet sich Gottesbegegnung.

Weihnachten heute.

Weihnachten im Herzen.

Weihnachten in mir.