Papst in Matera: „Kehren wir zurück zur Eucharistie, Prophezeiung einer neuen Welt“

Christine Seuss - Vatikanstadt

Wenn Menschen allzu stark darauf bedacht sind, ihren eigenen Reichtum anzuhäufen, und dabei die armen „Lazarusse“ des Lebens aus den Augen verlieren, verlieren sie auch ihre Beziehung zu Gott. Man dürfe nicht das, was man hat, verwechseln mit dem, was man ist, warnte Franziskus in seiner Predigt bei der Abschlussmesse des Nationalen Eucharistischen Kongresses im süditalienischen Matera an diesem Sonntag.

Papst

Papst Franziskus stand der Messe mit rund 12.000 Teilnehmern vor, zelebrierte aber wegen seines andauernden Knieleidens nicht selbst. Bereits bei der Anreise hatte es eine Planänderung gegeben: Wegen der schlechten Witterungsverhältnisse startete der Papst nicht wie geplant per Helikopter aus den Vatikanischen Gärten, sondern er reiste per Flugzeug vom römischen Flughafen Ciampino aus an, weil in Rom schweres Gewitter vorhergesagt war.

In seiner Predigt ging der Papst vom gehörten Evangelium aus, in dem beschrieben wird, wie der arme Lazarus vor der Tür des Reichen vegetiert und vergeblich darauf hofft, dass ein paar Krümel des Brotes vom Tisch des Reichen für ihn hinunterfallen mögen (vgl. Lk 16, 19-31). Doch entgegen der Hymne des Eucharistischen Kongresses, nach dem das „Brot“ des Herrn „Teilhabe“ und „Gemeinschaft“ schaffe, stelle man vielfach fest, dass das „Brot nicht immer auf dem Tisch der Welt geteilt wird“, gab Franziskus zu bedenken.

Ein Reicher ohne Namen

„Zunächst einmal erinnert uns die Eucharistie an den Primat Gottes. Der reiche Mann im Gleichnis ist nicht offen für eine Beziehung zu Gott: Er denkt nur an sein eigenes Wohlergehen, an die Befriedigung seiner Bedürfnisse, an den Genuss des Lebens.“

Konsequenz dieses Lebensstils und dieser Verschlossenheit für Gott: Der Reiche ist entmenschlicht, trägt im Evangelium nicht zufällig nicht einmal mehr einen Namen, sondern wird nur durch seinen Status als „Reicher“ beschrieben: „Wie traurig ist diese Realität auch heute noch, wenn wir das, was wir sind, mit dem verwechseln, was wir haben, wenn wir Menschen nach ihrem Reichtum, ihren Titeln, ihren Rollen oder ihrer Kleidung beurteilen. Es ist die Religion des Habens und des Scheins, die oft die Szene dieser Welt beherrscht, uns aber am Ende mit leeren Händen zurücklässt.“

Im Gegensatz dazu trage der Arme im Evangelium einen Namen, Lazarus, was „Gott hilft“ bedeutet, bemerkt Franziskus. Er habe trotz seiner Armut und Ausgrenzung seine Würde bewahrt, „weil er in einer Beziehung zu Gott lebt“:

„Hier liegt also die ständige Herausforderung, die die Eucharistie für unser Leben darstellt: Gott anzubeten und nicht sich selbst. Ihn in den Mittelpunkt zu stellen und nicht die Eitelkeit des Selbst.“

Wir selbst vertiefen die Gräben

Eucaristía

Gleichzeitig rufe die Eucharistie dazu auf, nach dem Beispiel Jesu, der sich selbst hingegeben hatte, die Mitmenschen zu lieben und für sie Sorge zu tragen. Der reiche Mann versagte bei dieser Aufgabe, er lebte im Überfluss, „ohne den stummen Schrei des armen Lazarus zu beachten, der erschöpft vor seiner Tür liegt,“ gab Franziskus zu bedenken. Erst im Tod werde dem Reichen bewusst, was für einen Graben er zwischen sich und Lazarus geschaffen habe – und der Schmerz, den dies für ihn bedeute: „Denn unsere ewige Zukunft hängt von diesem gegenwärtigen Leben ab: Wenn wir jetzt einen Graben zu unseren Brüdern aufreißen, ,schaufeln wir unser eigenes Grab‘ für später; wenn wir jetzt Mauern gegen unsere Brüder und Schwestern errichten, bleiben wir auch später in Einsamkeit und Tod gefangen“, betonte der Papst.

 „Die Ungerechtigkeiten, die Ungleichheiten, die ungleiche Verteilung der Ressourcen der Erde, der Missbrauch der Mächtigen gegenüber den Schwachen, die Gleichgültigkeit gegenüber den Schreien der Armen, der Abgrund, den wir jeden Tag graben und der Ausgrenzung erzeugt, können uns nicht gleichgültig lassen.“

Es sei allerdings besonders schmerzlich zu sehen, dass dieses Gleichnis auch die Zustände in unserer heutigen Zeit widerspiegele, fuhr das Kirchenoberhaupt fort. „Die Ungerechtigkeiten, die Ungleichheiten, die ungleiche Verteilung der Ressourcen der Erde, der Missbrauch der Mächtigen gegenüber den Schwachen, die Gleichgültigkeit gegenüber den Schreien der Armen, der Abgrund, den wir jeden Tag graben und der Ausgrenzung erzeugt, können uns nicht gleichgültig lassen. Und so wollen wir heute gemeinsam erkennen, dass die Eucharistie die Prophezeiung einer neuen Welt ist, dass es die Gegenwart Jesu ist, die uns auffordert, uns zu engagieren, damit eine wirksame Umkehr stattfinden kann: eine Umkehr von der Gleichgültigkeit zum Mitgefühl, Umkehr von der Verschwendung zum Teilen, Umkehr vom Egoismus zur Liebe, Umkehr vom Individualismus zur Geschwisterlichkeit.“

„Wir träumen von einer solchen Kirche“

„Wir träumen von einer solchen Kirche“, betonte Franziskus weiter, einer Kirche von Männern und Frauen, die den Blick für die Bedürftigen nicht verliere und die Verehrung der Eucharistie mit dem Mitleid vor den Wunden der anderen zu verbinden wisse. „Denn es gibt keine wahre eucharistische Anbetung ohne Mitgefühl für die vielen ,Lazarusse‘, die auch heute noch unter uns leben“, so der Papst. Es gelte, zur Eucharistie und zu Jesus zurückzukehren, und von ihm ausgesandt als „Apostel der Geschwisterlichkeit, der Gerechtigkeit und des Friedens“ zu wirken. Heute sollten wir ernsthaft an den Reichen und Lazarus denken, denn deren Geschichte wiederhole sich „jeden Tag“, betonte Franziskus. Wir alle seien Sünder, die diesen Kampf täglich ausfechten müssten: „Aber, Sünder, kehren wir zurück zum Geschmack der Eucharistie, zum Geschmack des Brotes. Kehren wir zu Jesus zurück, beten wir Jesus an, nehmen wir Jesus auf. Denn er ist der Einzige, der den Tod besiegt und immer wieder unser Leben erneuert.“

„Lasst uns zu Jesus zurückkehren, lasst uns Jesus anbeten, lasst uns Jesus willkommen heißen. Weil er den Tod besiegt und unser Leben immer wieder erneuert.“

Quelle: https://www.vaticannews.va/de.html

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