Auf gut 70 Seiten werden auf Grundlage des bisherigen Ertrages aus der Weltsynode Leitfragen und Arbeitsblätter für die Synodalversammlung angeboten, die im kommenden Oktober stattfinden soll.
In das finale Arbeitsdokument sind Ergebnisse der Beratungen auf Ebene der Ortskirchen und insbesondere der Kontinentalversammlungen eingeflossen. Papst Franziskus hatte den Prozess im Sinne der Teilhabe aller Gläubigen vor etwa zwei Jahren in den Ortskirchen starten lassen. Motto der Weltsynode ist „Für eine synodale Kirche – Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe“. Nach Abschluss der breiten Konsultations- und Beratungsphase mündet das Projekt nun in zwei Versammlungen der Bischofssynode, die im Oktober 2023 beziehungsweise 2024 in Rom stattfinden.
Ein zirkulärer Prozess
Der Reichtum und die Vielfalt der bisherigen Ergebnisse im synodalen Prozess werde im „Instrumentum laboris“ nicht aufgehoben, wird in dem Arbeitsdokument einführend versichert. Man wolle aus dem vorangegangenen Prozess schöpfen und sich immer wieder darauf beziehen. Deshalb sollten die Mitglieder der Synode die früheren Dokumente der Weltsynode, insbesondere die der kontinentalen Phase, auch weiter berücksichtigen. Das Arbeitsdokument wolle den (Glaubens-)Erfahrungen des Gottesvolkes Rechnung tragen. Aus der ersten Etappe sei das Bewusstsein dafür entstanden, „dass die Ortskirche als theologischer Ort, an dem die Getauften das ,gemeinsame Gehen‘ konkret erleben, unbedingt als privilegierter Bezugspunkt genommen werden muss.“
Zugleich sei die Vielfalt der Ortskirchen auch mit Herausforderungen verbunden, wird eingeräumt: „Insbesondere können dieselben Worte – man denke z.B. an Autorität oder Leitung – in verschiedenen Sprach- und Kulturräumen vor allem dann, wenn ein Begriff in gewissen Kontexten mit bestimmten theoretischen oder ideologischen Ansätzen assoziiert wird, ganz unterschiedlich konnotiert sein.“ Im „Instrumentum laboris“ bemühe man sich, eine „spaltende Sprache“ zu vermeiden und ein „besseres Verständnis“ unter den Mitgliedern der Synodenversammlung aus verschiedenen Regionen und Traditionen zu erreichen. Die gemeinsame Basis dafür sei die Vision des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Merkmale einer synodalen Kirche
Im ersten Teil (A) zählt das Arbeitsdokument auf sechs Seiten Eigenschaften und Unterscheidungsmerkmale einer synodalen Kirche auf Grundlage der ersten, abgeschlossenen, Phase der Weltsynode auf. Synodalität sei Chance zur Begegnung im Glauben, lasse die Liebe zur Kirche, zu Gott und den Menschen wachsen, sie sei ein wesentlich gemeinschaftlicher und dynamischer Prozess unter Leitung des Heiligen Geistes, heißt es dort. Mit dem „Hinhören auf das Volk Gottes“ habe sich das Verständnis einer Synodalität „von innen heraus“ geöffnet, es gehe nicht um die „Verkündigung eines Prinzips“ oder eine Theorie oder Formel.
Es bestehe der Wunsch, dass die Kirche „auch in ihren Institutionen, Strukturen und Verfahren immer synodaler“ werde, damit die gemeinsame Taufwürde und Mitverantwortung in der Sendung „nicht nur bekräftigt, sondern auch ausgeübt und praktiziert werden“ könnten, wird festgehalten. Eine synodale Kirche sei eine zuhörende, demütige und lernende Kirche, eine Kirche der Begegnung und des Dialoges, die keine Angst vor Vielfalt habe und nicht in die Gleichförmigkeit zwinge. Sie sei „eine Kirche im Aufbruch, in der sich alle angenommen fühlen“, sei offen und einladend. Sie wolle die Beziehung zwischen Liebe und Wahrheit tiefer erfassen und sei in der Lage, „mit Spannungen umzugehen, ohne von ihnen unterdrückt zu werden“. Sie nähre sich aus dem Glauben und „der Quelle des Mysteriums, das sie in der Liturgie feiert“ und sei eine „Kirche der Unterscheidung“ – in der Vielfalt der Bedeutungen, die dieser Begriff in den verschiedenen geistlichen Traditionen angenommen habe.
„Gespräch im Geist“ war fruchtbar
Über alle Kontinente hinweg habe sich in der ersten Phase der Weltsynode das „Gespräch im Geist“ (auch „geistliches Gespräch“ oder „synodale Methode“) als fruchtbar erwiesen, wird weiter festgehalten. Damit gemeint sei eine Atmosphäre, „die den Austausch von Lebenserfahrungen und den Raum für Unterscheidung in einer synodalen Kirche ermöglicht“, ein „Pfingstmoment“, in dem sich ein Übergang vom Hören auf die Geschwister zum Hören auf den Heiligen Geist vollziehe.
Prioritäre Fragestellungen
Im zweiten Abschnitt des Arbeitsdokumentes (B) mit dem Titel „Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe“ werden (zunächst in einem theoretischen Teil von sechs Seiten) die drei prioritären Fragestellungen für eine synodale Kirche entfaltet, die sich in der weltweiten synodalen Phase auf allen Kontinenten am stärksten herauskristallisiert haben. Sie sollen der Vollversammlung der Bischofssynode im Oktober „zur Unterscheidung vorgelegt“ werden. „Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe“ seien „Herausforderungen, an denen sich die gesamte Kirche messen lassen muss, um einen Schritt nach vorne zu machen und in ihrer eigenen Synodalität auf allen Ebenen und aus einer Vielzahl von Perspektiven heraus zu wachsen“, wird grundsätzlich festgehalten. Das berühre Theologie wie Kirchenrecht ebenso wie Seelsorge, Spiritualität und das kirchliche Miteinander.
Ein Detail: Den ursprünglichen Titel der Weltsynode „Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ gibt das finale Arbeitsdokument in veränderter Wortreihenfolge „Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe“ wieder. Damit wolle man die besondere Verbindung zwischen Gemeinschaft und Sendung zum Ausdruck bringen (,Communio‘ als zugleich Quelle und Frucht der Sendung, vgl. Johannes Paul II), wird diese Anpassung begründet. Man wolle „ein dualistisches Konzept“ hinter sich lassen, „wonach die Beziehungen innerhalb der Kirchengemeinschaft die Domäne der Communio sind, während die Sendung den Schwung ad extra betrifft“. Dieses Bewusstsein sei in der ersten Phase der Weltsynode gereift.
Gemeinschaft, Sendung, Teilhabe
Zu den drei Grundthemen der synodalen Kirche werden im „Instrumentum laboris“ folgende Grundfragen formuliert: „Eine Gemeinschaft, die ausstrahlt: Wie können wir noch stärker zu einem Zeichen und Werkzeug der Vereinigung mit Gott und der Einheit der ganzen Menschheit werden?“ (B1) – „Gemeinsame Verantwortung in der Sendung: Wie können wir Fähigkeiten und Aufgaben im Dienst des Evangeliums besser miteinander teilen?“ (B2) – „Teilhabe, Leitungsaufgaben und Autorität. Welche Prozesse, Strukturen und Institutionen gibt es in einer missionarisch-synodalen Kirche?“ (B3).
Der erste Abschnitt (B1) enthält ein Bekenntnis zu Dialog und Einheit: in einer Gott suchenden Gemeinschaft gehe es darum, Gemeinschaft zu hüten, Einheit in Vielfalt zu leben und Versöhnung zu fördern. „Welche Bindungen müssen in diesem Zusammenhang im Namen des Evangeliums entwickelt werden, um Gräben und Zäune zu überwinden, und welche Schutzräume und -mechanismen müssen geschaffen werden und zu wessen Schutz? Welche Spaltungen sind unproduktiv? Wann macht schrittweises Gehen den Weg zur vollständigen Gemeinschaft möglich?“, wird gefragt. Vor allem im liturgischen Handeln und bei der Feier der Eucharistie erfahre die Kirche jeden Tag „die radikale Einheit in demselben Gebet, doch Vielfalt der Sprachen und Riten“, was ein wesentlicher Punkt des synodalen Grundgedankens sei.
Nicht Vermarktung eines religiösen Produktes
Sendung sei „nicht die Vermarktung eines religiösen Produkts, sondern die Gestaltung einer Gemeinschaft, in deren Beziehungen die Liebe Gottes durchscheint und das Leben selbst Verkündigung wird“, wird im zweiten Abschnitt (B2) erinnert. Beiträge zur Sendung seien etwa der Einsatz für das Gemeinwohl, für Bedürftige und das Erkennen der Zeichen der Zeit. Eine missionarisch-synodale Kirche habe „die Pflicht, sich danach zu fragen, wie sie den Beitrag, den jeder Getaufte zur Sendung leisten kann (…) erkennen und zur Geltung bringen kann“, heißt es weiter. Die Perspektive der Sendung rücke die Charismen und Ämter allerdings in den „Horizont des Gemeinsamen und bewahrt so ihre Fruchtbarkeit, die hingegen beeinträchtigt wird, wenn diese zu Vorrechten werden, die ausgrenzende Denkweisen rechtfertigen“. Die „Klarheit des Zeichens und Wirksamkeit des Werkzeuges“ berühre die Frage der Glaubwürdigkeit der Kirche, wird grundsätzlicher festgehalten.
Der Abschnitt zur Teilhabe (B3) fragt nach den Prozessen, Strukturen und Institutionen in einer missionarisch-synodalen Kirche. Teilhabe sei im Wesentlichen „Ausdruck von Kreativität und von der Pflege gastfreundlicher Beziehungen, von Annahme und menschlicher Förderung im Herzen von Sendung und Gemeinschaft“. Zum Stichwort Autorität hält das Dokument fest, dass zu fragen sei, „ob Autorität sich nach weltlichen Parametern oder nach denen des Dienstes“ richtet. Den Strukturen und Institutionen gelte es „die Dynamik der missionarisch-synodalen Kirche einzuhauchen“, es gehe um die Förderung einer „Kultur der Synodalität“.
Wesentliches Element im synodalen Prozess sei Ausbildung. Kein Getaufter dürfe sich dieser Verpflichtung enthoben fühlen, sie sei unerlässlich: „Je mehr sich jemand zum Dienst an der Kirche berufen fühlt, desto stärker muss er die Dringlichkeit von Ausbildung wahrnehmen: Bischöfe, Presbyter, Diakone, Männer und Frauen des geweihten Lebens und alle, die ein Amt ausüben, brauchen eine Ausbildung, um den Modus, wie Autorität ausgeübt wird und Entscheidungsprozesse erfolgen, dem synodalen Verständnis nach neuzugestalten und zu lernen, wie gemeinschaftliche Unterscheidung und das Gespräch im Geist begleitet werden.“
Die Ausbildung in synodaler Spiritualität stehe im Mittelpunkt der Erneuerung der Kirche, so das Arbeitsdokument weiter, das auch für eine Erneuerung der kirchlichen Sprache in Liturgie, Predigt, Katechese, Kirchenkunst sowie anderen Kommunikationsformen plädiert.
Dynamische Methode
Im finalen Arbeitsdokument zur Synode im Oktober sind neben diesen Ausführungen 15 Arbeitsblätter für die Synodalversammlung angefügt, die den Großteil des Dokumentes ausmachen. Sie sind eine Art Leitfaden für Gebet und persönliche Reflexion und stellen Grundlagen-Module des synodalen Austausches im Oktober dar. Wie das „Instrumentum laboris“ informiert, sollen die Fragen bei der Synode im Oktober abwechselnd in Plenarversammlungen (Congregationes Generales) und in Gruppenarbeit (Sitzungen der Circuli Minores) behandelt werden. In der Plenarversammlung sollen die Fragen entsprechend der Reihenfolge im Arbeitsdokument behandelt werden. In den Sitzungen der Arbeitsgruppen sollen jeweils fünf Fragen-Arbeitsblätter abgearbeitet werden. Im letzten Teil der Synode wolle man dann konkrete Wege ausarbeiten, „auf denen wir gemeinsam weitergehen können, indem wir die Erfahrung des Volkes Gottes weiter aufarbeiten und die notwendigen vertiefenden Studien, vor allem theologischer und kirchenrechtlicher Art, im Hinblick auf die zweite Tagung der Synodenversammlung im Oktober 2024 fördern“, informiert das „Instrumentum laboris“ zum weiteren Prozedere. Dabei wolle man nach der „Methode des Gesprächs im Geist“ vorgehen.
Zum Stichwort „Eine Gemeinschaft, die ausstrahlt“ wird etwa gefragt, wie der Dienst am Nächsten, der Einsatz für Gerechtigkeit und für die Schöpfung (B 1.1) oder ein erneuertes ökumenisches Engagement (B 1.4) die Kirche synodaler machen können. Auf einem Arbeitsblatt zum Themenschwerpunkt „Gemeinsame Verantwortung in der Sendung“ ist von einer „stärkeren Anerkennung und Förderung der Taufwürde von Frauen“ die Rede (B 2.3), auf einem anderen geht es um das „Weiheamt in seinem Verhältnis zu den Taufämtern in sendungsorientierter Hinsicht“ (B 2.4). Auch die Frage nach einer Neugestaltung und Förderung des Bischofsamtes in missionarisch-synodaler Hinsicht (B 2.5) wird thematisiert. Fragen unter „Teilhabe, Verantwortung und Autorität“ beziehen sich etwa auf die Weiterentwicklung von „Unterscheidungspraktiken und Entscheidungsprozessen“ in der Kirche (B 3.2) oder „Instanzen für Synodalität und Kollegialität (…), in denen Gruppierungen der Ortskirchen zusammengeschlossen sind (B 3.4).
Strukturierte Arbeitsblätter
Nach einer Kontextualisierung des jeweiligen Themas mit mehreren Punkten wird in jedem der zwei- bis dreiseitigen Arbeitsblätter eine Frage zur Unterscheidung formuliert. Mit Blick auf die Rolle von Frauen (B 2.3) heißt es etwa: „Welche konkreten Schritte kann die Kirche unternehmen, um ihre Verfahren, institutionellen Regelungen und Strukturen zu erneuern und zu reformieren, damit auch in der Leitung und bei Entscheidungsprozessen im Geiste der Gemeinschaft und mit Blick auf die Sendung eine stärkere Anerkennung und Teilhabe von Frauen ermöglicht wird?“ In Unterpunkten werden dann zum Beispiel die Möglichkeit neuer Ämter für Frauen oder eine stärkere Anerkennung weiblicher Theologie als Ausgangspunkte für den synodalen Austausch genannt.
Bei den synodalen Konsultationen in den Ortskirchen seien immer wieder Fragen aufgetaucht, die lehramtliche und theologische Fragen betrafen, referiert das „Instrumentum laboris“. Diese Fragen wolle man in die Unterscheidung bei der Synode im Oktober mit hineinnehmen, wird versichert – „die Synodenversammlung ist dafür ein geeignetes Forum“. Das Arbeitsdokument verweist zugleich auf die gültigen lehramtlichen und theologischen Ausarbeitungen, die möglicherweise teils besser kommuniziert und verinnerlicht werden müssten.