Interview mit Frau Marianne Mertke, internationale Leiterin des Schönstatt Frauenbundes.
Frau Mertke, Sie waren gestern zu einem Begegnungstag in die Synodenaula eingeladen, der vom Dikasterium für Laien, Familie Leben veranstaltet wurde. Waren Sie schon öfter bei solchen Treffen? Waren auch andere Schönstätter dabei?
Mertke: Für mich war es das erste Mal, dass ich als internationale Leiterin des Schönstatt Frauenbundes eingeladen wurde. Wir sind die einzige Schönstatt Gemeinschaft, die offiziell vom Dikasterium als private Vereinigung von Gläubigen anerkannt ist. Das geschah damals 1996. Es waren nur Gemeinschaften und Bewegungen eingeladen, die offiziell anerkannt sind.
Es war eine echte Erfahrung von Weltkirche, die immer am Wachsen ist
Was hat Sie den Tag über am meisten beeindruckt?
Mertke: Die Verschiedenartigkeit der Gemeinschaften fiel sofort auf, sowohl was die Unterschiede der Aufgaben, der Arbeitsweise als Frucht des jeweiligen Charismas betrifft, als auch die Vielfalt der Sprachen und Kulturräume. Ich habe gestaunt, wie viele Afrikaner und Asiaten in Leitungsverantwortung sind. Es war eine echte Erfahrung von Weltkirche, die immer am Wachsen ist. Von manchen Gemeinschaften waren sogar die Gründer da, z.B. Prof. Andrea Riccardi von San Egidio, andere sind schon in der dritten Generation. Man spürte sofort Unterschiede zwischen der Dynamik von ganz jungen und der größeren Reife von älteren Gemeinschaften.
Den offiziellen Bericht kann man ja nachlesen, deshalb die Frage, welche Inhalte bei Ihnen persönlich angekommen sind?
“Das Charisma sei nur fruchtbar, wenn es in der Kirche wirksam wird”
Mertke: Der unerwartete Besuch des Papstes und seine Anliegen beeindrucken natürlich immer besonders. Aber mir ist das Wort von der Selb stbezogenheit in der Kirche geblieben. Das gilt auch für die Gemeinschaften, auch für die Schönstatt – Bewegung. Das Charisma sei nur fruchtbar, wenn es in der Kirche wirksam wird. Man kreist als Gemeinschaft schnell um sich selbst und vergisst manchmal, wofür man gegründet wurde. Dann ging es um das Verständnis des Gründercharismas. Ein Charisma müsse in der Zeit und in der Entwicklung ausreifen. Man solle dabei dem in der Geschichte wirkenden Hl. Geist vertrauen, das hat mich natürlich angesprochen, da wir als Gemeinschaft sehr mit dem Hl. Geist verbunden sind.
Da wurde sicher auch über das neue Dekret des Dikasteriums vom 21. Juni gesprochen. Darin werden generell die Amtszeiten der Leiter auf fünf Jahre begrenzt.
Mertke: Ja richtig, ich habe besser verstanden, was der Hintergrund ist für das Dekret. Da gibt es anscheinend einige Auseinandersetzungen und schwierige Erfahrungen mit Leitungspersonen und der Ausübung von Autorität und Macht. Es gibt Gemeinschaften in existentiellen Krisen. Die Thematik wurde durch kleine Impulse von verschiedenen Personen des Dikasteriums ausgefaltet. Im anschließenden Gespräch meinte Porf. Riccardi, dass Laiengemeinschaften eine „flachere Hierarchie“ brauchen, sie sollen sich mehr als ein Volk verstehen, das miteinander unterwegs ist. Man kopiere zu schnell die Ordensgemeinschaften, die ganz andere Strukturen haben.
Und was nehmen Sie jetzt mit von den Begegnungen hier in Rom, wenn Sie morgen nach Hause fahren?
Mit mir auch geht der Begriff der dynamischen Einhei
Mertke: Das muss ich noch ein wenig sortieren, aber ich kann schon mal sagen:
Es war viel von Umkehr und Bekehrung die Rede. Ein Charisma wird wohl nur richtig fruchtbar in der jeweiligen Epoche, wenn man immer wieder zum Kern hin umkehrt und aus der letzten, doch einfachen Mitte lebt.
Dann wird mir bleiben, dass Leitung zuerst ein Dienst an der einzelnen Person ist und man sich nicht zu sehr auf Strukturen, Programme, Ämter und Administration fixieren soll.
Mit mir auch geht der Begriff der dynamischen Einheit. Man hat sie nicht einfach, und man hat sie nie für immer. Es ist ein dauernder Prozess, dass aus den Polaritäten eine Dynamik entsteht, in der man immer wieder die Einheit suchen muss.
Und zum Schluss: Es tut mir und uns als Bewegung gut, sich in die Weggemeinschaft mit der Kirche hineinzustellen Vielleicht müssen wir hier sogar einen Akzent setzen, aktiver den Anschluss zu pflegen an den Weg der Kirche heute. Da ist gerade viel in Bewegung.
Vielen Dank Frau Mertke für Ihre Zeit und ihr Zeugnis für uns alle, die nicht dabei waren.