Aufgestanden und losgegangen – Erlebnisse beim Weltjugendtag

Verena Flues

Ein vielfältiges Programm – und viel Freude

Am Tag nach dem Eröffnungsgottesdienst erwartete uns die erste Katechese. Das bedeutete: Früh aufstehen und ab ins Verkehrschaos! Nach der Ankunft durften wir uns zunächst eine Runde wachtanzen. Da unser Katechese-Ort in der Einflugschneide des Flughafens lag, konnten wir den Landeanflug des Papstes quasi live miterleben. Die Katechese selbst wurde eröffnet vom Statement einer jungen Frau, die berichtete, wie sie im Alltag ihre Umgebung im Kleinen zu verändern sucht – besonders mit Blick auf die Bedürfnisse der Menschen um sie herum.

Bischof Stefan Oster aus Passau nahm sodann das Weltjugendtagsmotto näher in den Blick: „Maria stand auf und machte sich eilig auf den Weg“. Seine Aufforderung, aus der eigenen Begeisterung heraus ein Leuchten in die Welt zu tragen, erinnerte besonders uns MJFlerinnen an unsere aktuelle Jahresparole: „WIRke – aus der Freude heraus!“

Nachmittags war in der ganzen Stadt viel geboten – von Vorträgen, über Gebetszeiten bis hin zu Sportangeboten. Da fanden alle etwas für sich. So wurden in unserer WhatsApp-Gruppe fleißig Empfehlungen geteilt. Als „Muss“ auf der Tour durch Lissabon erwies sich das deutsche Pilgerzentrum. Dort gab es nicht nur kostenloses Wassereis, sondern auch Musik im Garten oder Angebote wie „Ask the bishop“.

Einige aus unserer Gruppe gingen zum Youth Hearing des BDKJ, ich selbst nahm an einem Angebot zur Weltsynode teil. In verschiedensprachigen Kleingruppen wurde hier über die Frage nachgedacht, wie junge Menschen zu einer synodalen Kirche beitragen können. Ein Kardinal aus Luxemburg wird diese Gedanken mit zur Weltsynode nehmen. Anschließend blieben wir für ein Taizégebet in der Kirche – ein echter Ruhepunkt mitten im Trubel des WJT. Während manche abends zu Nightfever gingen und andere den Tag in einem Restaurant oder einer Bar ausklingen ließen, zog es uns mehr zu einem Konzert verschiedener Musiker – zum Beispiel einer Priester-Rockband – aus aller Welt.

Kirche ist Vielfalt

Auch der Donnerstag begann mit einer Katechese. Im Stil der Jugend 2000 wurden wir mit Lobpreis eingestimmt. „Alles tanzt“ – der Song, der bei der Nacht des Heiligtums (NdH) Garantiefaktor für gute Stimmung ist, verfehlte auch hier seine Wirkung nicht.

An diesem Vormittag wurde uns deutlich: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des WJT haben unterschiedliche spirituelle Zugänge, unterschiedliche Welt- und Glaubensbilder. Auch in diesen Spannungen sind wir in Lissabon. So bot die Ansprache des Augsburger Bischofs Meier sicher für einige Anwesende begeisternde Impulse. Andere, so auch wir, fühlten sich davon jedoch wenig angesprochen. Seine Perspektive auf die Hochzeit zu Kana war für unsere schönstättischen Ohren ungewohnt. Vor allem als es in der Predigt um das Priesteramt und die Aufgabe von Priestern ging, konnte man unserer Ansicht nach den Eindruck bekommen, auf dem „Weltpriestertag“ und nicht dem „Weltjugendtag“ zu sein. Eine Erkenntnis nahmen wir aber doch mit: Kirche ist Vielfalt. Vielleicht spricht mich nicht immer alles an und ich darf auch Dinge kritisch sehen, aber letztlich bin ich für Jesus hier. Und: In den verschiedensten Glaubensausrichtungen feiern wir zusammen Gottesdienst, feiern wir, dass Gott uns liebt.

Das betonte auch der Papst in seiner Begrüßung: Gott hat uns gerufen; er liebt uns von jeher! Zudem ließ er uns wiederholen, für wen in der Kirche Platz sein soll: für alle. Dem ging eine Showeinlage voraus, die Sorgen, Anliegen, aber auch den Dank von Jugendlichen zum Ausdruck brachte. Der Papst ermutigte uns, diesen Fragen und Herausforderungen mutig entgegenzugehen – im Bewusstsein, von Gott geliebt zu werden. Nach dem Schlusssegen entstand Feierstimmung: Menschen umarmten sich im Park und auf den Straßen, klatschten sich ab oder verteilten Umarmungen.

Von den Herausforderungen des Lebens und dem Wert eines Umstylings

Die Freitags-Katechese widmete sich – ausgehend vom Gleichnis vom verlorenen Sohn – dem Thema Barmherzigkeit. Mich begeisterte besonders das Statement eines jungen Mannes, der auf leichte, positive und auch unterhaltsame Art seine Erfahrungen mit der Beichte teilte. Er verglich das Sakrament mit einem Umstyling: Ich komme so, wie ich bin (beim WJT fällt es nicht schwer, sich eine müde, verschwitzte und schmutzige Ankunft vorzustellen), und Gott gibt mir eine Dusche, er kleidet mich neu ein. Es folgte eine eucharistische Anbetung, während der rundherum Beichte gehört wurde.

Der Kreuzweg an diesem Abend war für viele ein besonderes Erlebnis. Das, was mir hier begegnete, kann ich am besten mit dem Wort „krass“ beschreiben: Eindrucksvoll wurden gesellschaftliche Themen wie Gewalt, Isolation oder der Klimawandel mit den Kreuzwegstationen in Verbindung gebracht. Drei Menschen berichteten von eigenen Herausforderungen im Leben und Glauben. Tanz und Musik umrahmten dies ausdrucksstark.

Diesen Tag beendeten wir gemütlich, schließlich versprach der nächste anstrengend zu werden.

Angekommen auf dem „Feld der Gnade“

Schon um 8:30 Uhr machten wir uns am Samstag auf den Weg zum Parque Tejo, der für dieses Wochenende in „Campo de Graça“ (Feld der Gnade) umbenannt war. Dort wollten wir zusammen mit 1,5 Millionen anderen jungen Leuten eine Vigil mit dem Papst feiern und anschließend übernachten. Nach so manchen anfänglichen „Warum so früh? Es geht doch erst abends los!“-Fragen wurde schon bald klar, dass der zeitige Aufbruch eine gute Idee gewesen war: Obwohl extra für die Pilgerinnen und Pilger mehrere mehrspurige Straßen gesperrt worden waren, hieß es nach der Abholung der Essenspakete für die kommenden Tage bei fast 40 Grad Celsius „anstehen und auf Einlass warten“. Gut, dass unterschiedliche Gruppen mit ihrer Musik und ihren Rufen auf dem Weg für Abwechslung sorgten.

Im Park angekommen, richteten alle sich erst mal einen Platz zum Sitzen und Schlafen her. Angesichts der Hitze hieß unser nächstes Ziel: Abkühlung. Gott sei Dank gab es Wasserstellen in jedem Sektor, an denen nicht nur Wasserflaschen, sondern auch Kleidung, Mützen oder Haare nass gemacht werden konnten. Im Lauf des Nachmittags füllte sich die Fläche nach und nach. Der Menschenstrom schien kein Ende zu nehmen. Zwischendurch fragten wir uns, wo all diese Menschen Platz finden sollten. Als deutsche Schönstatt-Reisegruppe feierten wir eine besondere Heilige Messe unter einem kleinen improvisierten „Zelt“: Wir konnten einander nicht gut hören, da aus den Boxen vor uns die Bandmusik von der Hauptbühne dröhnte, aber dennoch war es für uns ein schönes Gemeinschaftserlebnis.

Nach der Papstvigil konnte man mit Musik noch seinen Gedanken nachhängen, mit anderen reden oder sich für die Nacht fertig machen. Bei einer Reportage zur Papstenzyklika Laudato si´ schlief ich ein.

Ohne Angst hinausgehen

Der Sonntag begann recht abrupt mit einem Techno-Remix von Padre Guilherme, einem portugiesischen Priester. Während die einen sich noch mit müden Augen zurechtzufinden suchten, tanzten die anderen sich wach. In der Heiligen Messe sprach der Papst uns besonders Mut zu: Wir sollen ohne Angst in die Welt hinausgehen. Dorthin geht es für uns auch beim nächsten WJT 2027 in Seoul. Zuvor wird 2025 ein Jugendfest in Rom stattfinden.

Ein letztes Mal galt es im Blick auf den Rückweg den passenden Moment abzupassen. Lieber eine Weile warten, bis ein Großteil der Menschen weg ist, oder früher gehen, um vor den Massen vom Feld zu kommen? Früher oder später schafften es alle wohlbehalten in die Schulen zurück. Dort war erst mal Duschparty angesagt. Herrlich! An unserem letzten Abend in Lissabon gingen wir als Gruppe fast vollzählig essen. Danach zogen manche ein letztes Mal zum Feiern los, andere kehrten zur Schule zurück, wo wir eine letzte Nacht auf Isomatten schliefen und vielleicht bereits von unseren gemütlichen Betten zuhause träumten.

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