„Immakulatageist“ – Lieben in Fülle

Sr. M. Elizabet Parodi

Wer weiß heute noch um die tiefe Bedeutung des Festes der Unbefleckten Empfängnis Marias? Dabei lässt sich in ihm einen Schlüssel finden zum Verständnis des Menschseins und der faszinierenden Fähigkeit, die Menschen auszeichnet. In der Tat gibt es zwischen dem „Immakulata-Sein” und „lieben in Fülle“ viel mehr Gemeinsamkeiten, als man auf den ersten Blick vermutet.

Maria, die Immakulata – Inbegriff des urgesund Menschlichen

Unser Menschsein wird dadurch bestimmt, dass wir als Ebenbilder Gottes geschaffen wurden, und daher von seiner Art zu lieben geprägt sind. Deswegen haben wir einen von der Seele durchdrungenen Leib und eine Seele, die sich im Leib ausdrückt. Beide, Leib und Seele, sind geschaffen, um zu lieben und geliebt zu werden. Jedoch hat die Sünde unsere Fähigkeit zerstört, ähnlich wie Gott in Hülle und Fülle zu lieben.

Unser Menschsein wird immer mehr in Frage gestellt, nicht nur durch Ideologien, sondern im konkreten Alltag: Unsere Freunde, Kollegen, ja, die eigenen Kinder scheinen manchmal Vagabunden in einer Gesellschaft zu sein, die ihnen keine Basis, kein Zuhause und keine Unterstützung bietet in ihrer Sehnsucht nach einem erfüllten Leben. Die Auflösung der familiären Bindungen, die wachsende Unfähigkeit zu lieben, zu lächeln, zu vertrauen, glücklich zu sein, geben diesen „anthropologischen Häresien” Recht, um einen Ausdruck zu verwenden, der im Vokabular Pater Kentenichs häufig vorkommt.

Und doch leuchtet inmitten der Dunkelheit weiterhin die erlöste Menschheit. Die unbefleckte Maria ist deshalb kein Vorwurf an unsere orientierungslose Kultur, sondern will eine ständige Erinnerung an die immense Größe sein, die in uns schlummert.

Maria, die Immakulata, ist der Inbegriff des urgesund Menschlichen, das uns die Erlösung schenkt. Alles an ihr, ihre psychologische, emotionale und physische Struktur, ist ausgeglichen und wird durch die Gnade ergänzt und zur Fülle gebracht.

Die Sehnsucht nach „Immakulatageist“

Aus theologischer Sicht bezieht sich das Dogma der Unbefleckten Empfängnis auf die Freiheit Marias gegenüber der Erbsünde im Hinblick auf die Erlösung. Das heißt, wenn wir auf Maria als Immakulata schauen, sehen wir, was es bedeutet, von Christus erlöst worden zu sein.

In der Stunde der Verkündigung wird Maria als „voll der Gnade” bezeichnet, was so viel bedeutet wie „erfüllt von Gott zugewandter Liebe”. Macht sie das fern oder „weniger menschlich”? Ist das Leben im Dialog mit Gott ein optionaler Zusatz zu unserer Menschlichkeit? Das Überraschende an unserem Menschsein ist, dass es notwendigerweise die Bestimmung und die Gnade beinhaltet, das zu werden, wozu es berufen ist. Wir werden niemals allein durch eigene Anstrengungen vollkommen sein, unabhängig davon, an wie vielen Kursen zur Selbstverwirklichung wir teilnehmen. Unser wahres Menschsein, das durch die Fähigkeit zu lieben bestimmt wird, kann sich nur dann voll entfalten, wenn sie in Christus geheilt wird.

Deshalb sehnt sich unser Menschsein nach Erlösung, nach einer Harmonie, die ausstrahlt, wenn unsere Natur mit der Gnade in Wechselwirkung tritt. Ohne es zu wissen, sehnt sich jeder Mensch nach dem Geist der wahren Liebe, konkreter: nach dem „Immakulatageist“.

„Immakulatageist“ – Unverzichtbarer Teil unseres Charismas

Maria offenbart uns, was es bedeutet, in Fülle zu lieben, mit unserem Körper und unserer Seele, jeder entsprechend seiner Berufung. Vom Heiligtum aus schenkt sie uns ihre pädagogische Weisheit, um uns zu helfen, in einer reineren Form des Liebens zu wachsen. Maria umarmt mein Wesen so, wie es ist, sie nimmt es mit seiner Größe und seiner Verletzlichkeit an. Sie lehrt mich, mein Herz für die Liebe zu „vermenschlichen“: im vorurteilsfreien Blick auf die verletzte Größe des anderen, im Ringen, ihn mehr zu respektieren als besitzen zu wollen.

Die Fähigkeit zu entwickeln, auf reinere und selbstlosere Weise zu lieben, bedeutet, den „Immakulatageist” auszustrahlen, Räume zu schaffen, die ein Bindungsorganismus ermöglichen, wo sich wahre Liebe entwickeln kann. Maria, die Frau der Beziehungen, stellt in den Herzen die Ordnung des Liebens wieder her. – Das ist die Alternative Schönstatts zu den anthropologischen Häresien.

Das lässt unser Charisma konkreter für uns werden. Damit es fruchtbar wird, braucht es Menschen, die sich ganz davon ergreifen lassen, in denen der Immakulatageist wächst durch das Liebesbündnis mit Maria. Die Liebe Christi, Liebe in Fülle, drängt uns (vgl. 1 Kor 5,14). Zwischen dem „Immakulata-Sein” und „lieben in Fülle“ gibt es viel mehr Gemeinsamkeiten, als man auf den ersten Blick vermutet. Bitten wir den Heiligen Geist, uns in unser Charisma immer mehr einzuführen, um den Zusammenhang von urgesund lieben und Immakulatageist noch tiefer zu verstehen und zu künden.

Foto: Sr. M. Nilza P. da Silva

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